Der Bauboom der 70er und 80er Jahre macht nun auch vor der Kinzigvorstadt nicht mehr halt. Durch die Neutrassierung der Hauptstraße und Neuplanung „Kinzigvorstadt-Wiede“ verkauft die Wagner-Brauerei das Gasthaus „Krone“ an die Stadt Offenburg. Diese reißt das beliebte Wirtshaus an der Hauptstraße am 15. Dezember 1976 um 08:30 Uhr ab. Das 1792 erbaute Gebäude ist nach 184 Jahren Bestand in wenigen Stunden von Baggern in einen Schutthaufen verwandelt. Viele Jahre kämpft die Wagner Brauerei für den Fortbestand, aber ihr Abbruch ist durch den zunehmenden Verkehr und der Begradigung der Stadteinfahrt erforderlich. Mehr als fünf Jahre spielen die Mitglieder noch im „Kronengarten“ und treffen sich anschließend zu geselligen Runden im neuen Vereinslokal im „Salmen“ (Hauptstraße). Am 10. Dezember 1981 übergibt die Wagner-Brauerei die Kündigung für die kostenlos überlassene Nutzung des Geländes an der Fischerstraße an den Boccia-Club Offenburg/Baden e.V. zum 31. März 1982.
Nach dem Eingang des Kündigungsschreibens im Dezember 1981 finden erste Gespräche mit der Stadt Offenburg über die Zuweisung eines neuen Spielplatzes statt. Als Ersatz für die „weggeplante“ Boccia-Anlage an der Fischerstraße erhält der Verein das westliche Stück vom Gelände (Flst-Nr. 2624) der bereits bestehenden Minigolf-Anlage im Bürgerpark. Der Verkehrsverein Offenburg e.V. erklärt sich im Oktober 1982 bereit und stellt von seinem als Minigolf-Anlage genutzten städtischen Pachtgelände ein ausreichend großes Areal von ca. 750 Quadratmetern dem Boccia-Club Offenburg/Baden e.V. zur Verfügung.
Im Laufe der Jahre verschwindet nicht nur das Boccia aus der Kinzigvorstadt, auch die alte Infrastruktur, Jahrmärkte auf der Kronenwiese, Lebensmittelgeschäfte, Metzger Wehrle, Kurzwaren Knobloch, die Bäcker Hillenbrand und Ohnemus, der Milchladen Spinner, die Gasthäuser „Krone, Schwanen, Wiede und Grüner Baum“ werden für die Bewohner weggeplant – um nur einige zu nennen.
Am Mühlbach an der Stegermattstraße blüht seit Anfang der 80er Jahre ein reges Vereinsleben. Das eingeebnete Grundstück nutzte die dort ehemals ansässige Dampf-Wäscherei Alois Ilg. Vermutungen zu Folge wurde auf dem Gelände vor der Waschmaschine mit Brett, Bürste und Aschenlauge gearbeitet und gebleichte Wäsche zum Trocknen (Rasenbleichen) ausgebreitet. Nach dem Zweiten Weltkrieg reist die Stadt Offenburg auch das Sonnen- und Flußbad der Frauenbadeanstalt und das in unmittelbarer Nähe gelegene Schülerbad ab. Die Treppen vom „Bad im Schleiergrün“ sind bis heute erhalten.
Auf dem nun neu gepachteten Gelände steht anfangs nichts. Kurzum – die Vereinsmitglieder umzäunen das Gelände neben der bereits bestehenden Minigolf-Anlage im Bürgerpark, bauen in wenigen Wochen die erste Boccia-Bahn in einem Größenverhältnis von 4 x 18 Meter und einen massiven Steinbau für die Nutzung als Vereinsräumlichkeiten mit Ausschankbereich und kleineren Lagermöglichkeiten. Der Offenburger Bauunternehmer Ludwig „Louis“ Fischer stellt für diese Arbeiten Transport- und Bautechnik sowie Baumaterial zur Verfügung. Im März 1983 erteilt der Verkehrsverein Offenburg e.V. die kurzzeitige Genehmigung zur „Benutzung der WC-Anlage“ im Minigolf-Gelände. Zwischenzeitlich erkennt die Stadtverwaltung, daß es von baurechtlicher Seite notwendig ist und drängt darauf eine eigene Toilettenanlage innerhalb des Boccia-Vereinsheims zu installieren. Bereits im September 1983 und nach kurzer Bauzeit weiht der Verein die neue Boccia-Anlage mit Vertretern der Stadt Offenburg ein. Die veranschlagten Gesamtbaukosten für den Neubau des Vereinsheims und der Boccia-bahn betragen rund 63.000 Mark. Der neue Pachtvertrag (Pachtvertrag ab 01. Januar 1983) gestattet nun auch die Unterhaltung einer vereinsinternen Kantine. Fortan gibt es für die Vereinsmitglieder nicht nur Getränke, sondern auch kleinere Speisen. Da kaum Lagerkapazitäten vorhanden sind, vergrößert der Verein im Jahre 1984 mit dem Anbau eines separaten Nutzungsraumes mit Kühlung seine Lagermöglichkeiten. Außerdem kommt eine Unterstellmöglichkeit für Werkzeug und Objektpflege hinzu.
Ein wichtiger Meilenstein für die Entwicklung des Vereins wurde bereits Ende 1983 mit dem Beschluß einer Planungsrate für den Neubau einer weiteren Boccia-Bahn getroffen. Durch die stetig steigende Mitgliederzahl und im Zuge einer zukunftsorientierten Vereinsentwicklung reicht eine Boccia-Bahn nicht mehr aus. Vorsitzender Werner Lott, beschäftigt als Betonprüfer bei der Firma TBM Transportbeton in Elgersweier, und ein befreundeter Bautechniker planen für die Zukunft. Zuerst wird Grunderde (bis zu einem Meter) abgetragen. Verdichtungsmaterial, Kies, Sand und als Letzteres eine feine Oberdeckschicht aufgetragen. Diese letzte Schicht kommt vom „Großen Deich“, denn ein Hochwasser zu jener Zeit spülte feinen Sand an das linke Kinzig-Ufer. Im Handumdrehen holt Dachdeckermeister Paul Zimmermann den feinen Sand mit einigen Wagenfuhren an seinen späteren Verwendungsort in die Stegermattstraße. Diese letzte Schicht mit einer sehr feinen Körnung ist das i-Tüpfelchen auf der neuen Boccia-Bahn.
Um diese Tatkraft für einen langen Zeitraum und auch für die nachfolgenden Generationen zu erhalten, beschließt der Verein die Überdachung der neuen Anlage. Die Mitglieder, allen voran Hans Spitzmüller, August Ludäscher und Willi Kiefer, opfern viel Arbeits- und Zeitaufwand für die Entstehung ihrer neuen Spielbahn. In fleißiger Mithilfe durch die Vereinsmitglieder bekommt die neuen Boccia-Bahn im Jahre 1985 noch ein Dach oben drauf. In vielen Stunden Eigenarbeit und rechtzeitig zum Osterturnier am 06./07. April 1985 hat der Boccia-Club dies erreicht.
Am 02. Mai 2006 beschließen die Vereinsmitglieder auf ihrer jährlichen Mitgliederversammlung die Änderung des Vereinsnamen in 1. Boccia-Club e.V. Offenburg mit der Eintragung in das Vereinsregister Freiburg (VR470114). Regelmäßig trägt der Boccia-Club seine vereinseigenen Turniere – Frühjahrs-, Gedächtnis-, Vereins-, Doppel- und das Senioren-Turnier – aus. Neben diesen Turnieren finden auf dem Vereinsgelände an der Stegermattstraße auch die offenen Boccia-Stadtmeisterschaft der Damen und Herren statt. Die überdachte Spielbahn garantiert hierbei bei jeder Witterung optimale Verhältnisse. Im Ausscheidungs-System geht es um den Stadtmeister-Titel der Stadt Offenburg im direkten Vergleich. Alle Teilnehmer/-innen erhalten eine Erinnerungsurkunde und einen Sachpreis von der Stadt Offenburg verliehen. Die Turnierbesten werden mit einem Pokal ausgezeichnet.
In den Sommerferienwochen können Ferienkinder im Rahmen des jährlichen Ferienangebotes der Stadt Offenburg ihr Geschick bei diesem italienischen Nationalsport erproben. Mit großem Interesse lauschen die kleinen Gäste den fachkundigen Erklärungen über Abwurftechnik und Spielregeln. Bei den ersten „Wurfversuchen“ sind etwas Geduld, ein gutes Auge und Konzentration erforderlich, um die großen Kugeln genau an die kleine weiße Spielkugel zu platzieren.
Eine Menge vom südlichen Flair dieser beliebten Freiluftsportart ist hier bis heute erhalten geblieben. Damals wie heute – Boccia spielen heißt Zusammensein, aktive Bewegung und Wettkampf – verbunden mit viel Spaß. Auf unserer Vereinsanlage besteht die Möglichkeit, unter fachkundiger Anleitung erste Wurfversuche im Boccia-Spiel zu wagen. Spezielle Voraussetzungen sind nicht notwendig. In der Regel braucht ein Anfänger etwa ein Jahr um die Abläufe einigermaßen zu beherrschen. Somit ist etwas Geduld gefragt, um nicht vorzeitig aufzugeben. Diese gesunde Freizeitsportart kann von jung bis alt ausgeübt werden. Wie schwer oder leicht das Bocciaspiel wirklich ist, können Interessierte bei uns erfahren. Neben dem eigentlichen Freizeitsportbetrieb wird mit geselligen Veranstaltungen die Kameradschaftspflege betrieben. Der 1. Boccia-Club e.V. Offenburg gehört heute zu den ältesten und erfolgreichsten Vereinen in Offenburg |